Hildegard Bingen: Heilwissen

Hildegard Bingen: Heilwissen
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Verlag: epubli
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Sprache: Deutsch
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Die Zeit der Zeugung

Denn zur rechten Zeit der Wärme und Kälte wirft der Mensch das Saatkorn aus, und dieses geht zur

Frucht auf. Wer wäre denn so thöricht, bei zu grosser Sommerhitze oder Winterkälte zu säen? Und

die Saat würde verderben und nicht aufgehen. So geht es mit den Menschen, die nicht die Reife

ihres Lebensalters und die Zeit des Mondes in Betracht ziehen, sondern zu einer beliebigen Zeit

nach ihrer Willkür zeugen wollen. Deswegen gehen ihre Kinder unter vielen Schmerzen körperlich

ein. Aber wie sehr sie auch am Leibe schwach sind, Gott sammelt doch seine Edelsteine zu sich.

Daher soll der Mann die Reife seines Körpers erwarten und nach den rechten Mondzeiten mit

solchem Fleiss forschen, wie einer, der seine Gebete rein darbringt; auf dass er zur rechten Zeit

einen Sohn zeuge und seine Kinder nicht elendiglich verkommen. Er soll nicht sein wie ein

Mensch, der die Speise in sich schlingt, ein Vielfrass, der nach der rechten Essenszeit nicht fragt –

sondern wie einer, der die rechte Zeit innehält, dass er nicht gierig sei. So muss es der Mensch

halten und die richtige Zeit der Zeugung wahrnehmen. Der Mann suche das Weib nicht auf, wenn

es noch ein Kind ist, sondern eine Jungfrau, weil sie dann reif ist; und er soll ein Weib erst

berühren, wenn er einen Bart hat, weil er dann erst reif ist, einen Sprössling zu zeugen. Denn wer in

Fressen und Saufen aufgeht, der wird oft in seinen Gliedern aussätzig und gebrestenhaft; wer aber

mässig isst und trinkt, hat gutes Blut und gesunden Leib. So verstreut Jener, der immer wollüstig ist

und in der Geilheit seines Körpers seinen Lüsten nachgeht, in dem Sturm seiner Zeugungslust

unnütz seinen Samen und geht oft selbst mit seinem Samen zu Grunde. Wer aber seinen Samen

richtig ergiesst, bringt es zur richtigen Zeugung.